Nüchtern

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    Rainer
    26. Februar 2024 um 11:52
    Zitat

    Nüchtern „Au, mein Kopf...“, stöhnte Sarah und richtete sich langsam im Bett auf. Sie hatte dröhnende Kopfschmerzen, doch trotzdem musste sie grinsen, denn das war es alle Mal wert gewesen. Ihre beste Freundin hatte aus heiterem Himmel eine kleine Party geschmissen und sie verstand etwas davon. Es waren nur Mädels erlaubt und das war auch besser so, denn Sarah's Freund Peter, fand es überhaupt nicht gut, wenn sie zu viel Alkohol trank. Er selbst rührte keinen Tropfen an und verlangte von ihr dasselbe, doch sie hielt sich nicht daran, denn sie war jung und wollte Spaß haben und dazu gehörte eben auch das eine oder andere Glas Caipirinha. Schon oft hatte sie es übertrieben, denn der Rohrzucker ließ den Alkohol schneller ins Blut übergehen und ehe sie es sich versah, verlor sie alle Hemmungen.

    Da wurde dann wild auf Tischen getanzt und es war sogar einmal vorgekommen, dass sie im Rausch ihr Oberteil ausgezogen hatte. Ja, ihr Partyleben konnte sich sehen lassen, auch wenn der Tag danach oft nicht so schön war. Mit brummendem Schädel verschwand Sarah unter der Dusche. Das kühle Wasser, dass auf sie niederprasselte, tat ihr gut. Als sie fertig geduscht hatte, ging es ihr schon wesentlich besser. Ein Blick in den Spiegel sagte ihr, dass alles in Ordnung war. Sie hatte zwar winzige Schatten unter den Augen, aber die störten sie nicht weiter. Ihr junger Körper verkraftete ihre Exzesse bisher recht gut. Summend schlenderte Sarah in die Küche und war überrascht Peter dort anzutreffen, der am Tisch saß und eine Zeitung in der Hand hielt. Als seine Freundin eintrat, hob er den Blick.

    „Schatz, was machst du denn hier?“, flötete Sarah und wollte ihm einen Kuss geben, doch als sie sein wütendes Gesicht sah, hielt sie inne. „Was ich hier mache?“, erwiderte er und runzelte die Augenbrauen. „Das fragst du nicht im Ernst.“ Die schlanke Brünette schüttelte den Kopf. Ihre vom Duschen noch feuchten Haare hatten sich zu kleinen Löckchen gekringelt. „Mellie hat mich gestern Abend angerufen und mich gebeten, dich abzuholen, weil du mal wieder zu viel getrunken hattest! Du hast dich bei ihr des Öfteren übergeben und sie hatte Angst, dass dir was passiert, wenn du allein nach Hause gehst.“ Peter war mittlerweile aufgestanden und untermalte seine Erzählung mit wilden Gesten, wobei er wütend in der Küche auf und abschritt. Sarah wickelte ihr Handtuch fester um sich. „Hm, daran kann ich mich gar nicht erinnern...“, grübelte sie nachdenklich. „Wie könntest du auch? Deine Sinne waren ja vom Alkohol total benebelt!“, fuhr Peter sie an. „Ich hab dir schon oft gesagt, was ich davon halte, aber das scheint dich ja nicht im Geringsten zu kümmern!“ So langsam wurde auch Sarah sauer. „Du bist doch bloß neidisch, weil ich soviel Spaß habe und nicht so ein elender Spießer bin wie du!“ „Der 'Spießer' wird dir jetzt mal was sagen: wenn du noch einmal ein Glas Alkohol anrührst, wirst du dein blaues Wunder erleben, mein Fräulein. Das garantiere ich dir!“ Er sah seine Freundin streng an. Diese erwiderte seinen Blick. „Und was willst du dann machen, hm?“, fragte sie höhnisch.

    „Mich übers Knie legen, wie ein kleines verzogenes Mädchen?“ Sie grinste überheblich. Peter hatte sich wieder an den Küchentisch gesetzt und die Zeitung in die Hand genommen. „Genau das werde ich dann mit dir machen.“, antwortete er ruhig und widmete sich einem Artikel. Seine Freundin starrte ihn ungläubig, aber amüsiert an. „Aus dem Alter bin ich raus, mein Schatz und außerdem, lasse ich mir von niemandem vorschreiben, was ich zu tun und zu lassen habe.“ „Du bist hiermit gewarnt, alles Weitere liegt bei dir, aber bedenke die Konsequenzen.“ Peter strahlte eine merkwürdige Ruhe, aber auch eine entschlossene Autorität aus, die Sarah so gar nicht von ihm kannte. Bisher hatte er zwar immer Theater gemacht, wenn sie mal wieder über die Stränge geschlagen war, aber eine derartige Ansage, war sie nicht gewohnt. Sie zuckte mit den Achseln. Wahrscheinlich wollte er sich nur aufspielen. In der kommenden Woche war Sarah sehr beschäftigt. Ihr Medizinstudium verlangte ihr einiges ab und vorerst gab es keine Gelegenheit zum Feiern. Sie war sehr fleißig und lernte hoch konzentriert, denn es standen ein paar wichtige Prüfungen an und ihre Professoren verstanden keinen Spaß, wenn es darum ging, ob jemand bestand oder durchfiel. Da waren sie gnadenlos. Sarah liebte ihr Studium und war mit vollem Herzen dabei.

    Das sie bei einer Prüfung durchfiel, kam für sie auf keinen Fall infrage. Peter war stolz, dass sie so gute Fortschritte machte und unterstützte sie, wo es nur ging. Obwohl sie noch nicht zusammen gezogen waren, kümmerte er sich in der Zeit ein wenig um ihren Haushalt, damit sie den Kopf frei hatte zum Lernen. Sarah liebte ihn dafür. Stunde um Stunde wälzte sie ihre Bücher. Die Prüfungstage rückten näher... und dann waren sie da. Sie hasste Prüfungen, aber nur, weil sie dann immer extrem aufgeregt war. Sarah verstand bis heute nicht, wie sie es dennoch schaffte zu bestehen, denn oftmals glaubte sie, einer Ohnmacht nahe zu sein und zwei wichtige Prüfungen an einem Tag, waren eine zusätzliche Herausforderung. Dennoch gab sie ihr Bestes und ein wohlwollendes Nicken ihres Professors zwischen den Fragen zeigte ihr, dass sie sich keine Sorgen machen musste. Schließlich war es vorbei und es fühlte sich an, als würde die Last der Welt von ihren Schultern abfallen. Überglücklich lief sie zu ihren Freundinnen und Kommilitoninnen, die ebenfalls strahlten, weil es endlich hinter ihnen lag. „Das müssen wir feiern!“, rief Mellie, Sarah's beste Freundin und hakte sich bei ihr unter. „Lass uns ins Buck Mulligans gehen.“ Die Brünette grinste. „Ich bin dabei! Diese tagelange büffeln, war furchtbar öde. Auf geht’s, Mädels!“

    Auf Veränderung zu hoffen, ohne selbst etwas dafür zu tun, ist wie am Bahnhof zu stehen und auf ein Schiff zu warten.
    (Albert Einstein)

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