Das Lügenlied

Kurzgeschichte über die Lust am schmerzenden Popo. Autor: sandra

Sie kam die Treppen herauf und war außer Atem, die Tüten waren schwer. Marion nestelte in ihrer Jackentasche nach dem Hausschlüssel und steckte ihn genervt ins Schloss. Die Wohnung war leer und roch nach abgestandenem Rauch.Sie hatte die Fenster beim Weggehen geschlossen gehalten und wurde vom Geruch des Vorabends erschlagen. Sie stellte die Tüten in die Küche und sah sich das Chaos im Wohnzimmer an.Der Anrufbeantworter blinkte aufdringlich: "Hallo Marion, ich komme heute Abend nach Hause und hab' dir leider nicht viel Neues zu erzählen.

Es geht ihr nicht besser, aber das erzähle ich dir heute' Abend" , Gerd hatte drauf gesprochen. Er war für ein paar Tage zu seiner Mutter gefahren, die krank war, es ging ihr gar nicht gut.Marion liebte die Mutter ihres Mannes nicht, sie war so bescheiden und lieb. Diese Heiligkeit ging Marion ziemlich auf die Nerven und sie war froh, dass sie die letzten 2 Tage arbeiten musste, dann brauchte sie sich keine Ausrede auszudenken. Die Uhr sagte, dass es gleich 19:00 Uhr waren, sie zog sich Jacke und Schuhe aus und räumte den Aschenbecher und die beiden Gläser in die Küche,überall waren Chipskrümel und Olivenkerne verteilt.

Harald war der Typ, der sich den Luxus leistete albern und ausgelassen wie ein kleiner Junge zu sein, er hatte gestern Olivenkern Weitspucken geübt. Das fand Marion eigentlich ziemlich bescheuert, aber den Abend zuvor hatte sie fast hysterisch darüber gelacht.Sie hatte Harald lange nicht mehr gesehen und ihn spontan angerufen, als sie wusste, dass sie mal für einige Tage alleine war. Es gab ihr, in ihrem geregelten Leben, das Gefühl von Freiheit und Abenteuer, mal wieder etwas zumachen, das nach Verbotenem roch, so wie als Kind, wenn sie heimlich abends fern sah.

Aber bis auf ein paar verstohlene und eigentümlich unbeholfene Küsse war mit Harald nichts gelaufen. Das war merkwürdig, aber jetzt war sie ihrem Mann wenigstens nicht wirklich fremd gegangen, obwohl sie es vielleicht getan hätte.Doch Harald schien nicht so sehr an Intimerem interessiert gewesen zu sein,zumindest hatte er keine Anstalten gemacht, sie ins Bett zu bekommen. Es kränkte sie und es ärgerte sie noch mehr, dass es sie kränkte. Entweder hatte Harald sich nicht getraut, sie zu mehr als nur ein paar sabbernden Küssen aufzufordern oder sie war für ihn unattraktiv geworden.Was auch immer es war, es gab ihr nicht das Gefühl eine begehrenswerte Frau zu sein.Der folgende Tag verlief wie immer. Morgens das übliche Ritual zwischen Tee kochen und Badezimmer, dann ins Büro und Nachmittags der wwöchentliche Gang ins Fitnessstudio. Marion fuhr verschwitzt nach Hause. Sie hatte nicht im Studio duschen wollen, weil sie keine frischen Klamotten dabei hatte. Zu Hause las sie ihre Post und ging dann duschen.

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