Es gibt ja das schöne Sprichwort, dass das Gras immer grüner auf der anderen Seite sei, und die schottische Band Travis hat sogar ein Lied darüber geschrieben.
Deswegen denke ich, dass ich auf hohem Niveau jammer, wenn ich euch sage, dass es passive Männer besonders schwer haben, denn ich denke, dass jeder beim Ausleben seiner ganz persönlichen Neigungsausprägung, Herausforderungen, und sei es nur, dass man hierbei viel Tapferkeit beim Zulassen seiner eigenen Bedürfnisse und viel Mut beim emotionalen Öffnen aufbringen muss, zu meistern hat.
Aber mir ging es am Anfang meiner Reise, auf der ich als passiver Mann mein Glück finden wollte, tatsächlich so, dass ich mich geschämt habe, nicht aktiv zu sein, weil ich fest davon ausgegangen bin, dass Frauen stets einen dominanten Mann bevorzugen, der ihnen den Weg als starkes Alphatierchen ebnet. Filme wie Fifty Shades of Grey später ließen mich diese Annahme indirekt bestätigen.
Das Offenbaren meiner passiven Neigung habe ich mir daher auch nur über den Schutz der Anonymität im Internet zugetraut, sofern die Frau auch wirklich nur als aktiv oder Switch erkenntlich wurde. Darüber hinaus habe ich mich wiederum zunächst gewundert, warum die aktive Frau keinen Gefallen an dem Ausleben ihrer passiven Seite hat, und warum Frauen, die gerne Switchen, zumindest teilweise in die aktive Rolle schlüpfen möchten. Ich hatte ja bis dato noch meine starren Annahmen von Alphatierchen und „Schutzbefohlener“ im Hinterkopf.
Das hat mich am Anfang ziemlich gedemütigt, aber letztendlich hat es mich auch dazu bewegt, einmal hinter die Kulissen zu blicken, was sich hinter dem Muster eines passiven Mannes und einer aktiven Frau, zumindest in Bezug auf meine Vorstellungen und Wünsche, verbergen könnte. Dabei ist mir aufgefallen, dass es sich um eine ganz bestimmte Beziehungskonstellation mit seiner ganz eigenen Interpretation von Geben und Nehmen handelt, die auch, ohne dass es den Hintern voll gibt, im Alltag zum Tragen kommt.
Diese Erkenntnis ist schon einmal viel Wert, denn sie ebnet den Weg beim Suchen nach dieser bestimmten Machtkonstellation, bei der man dann noch sein Quäntchen Glück braucht, dass nicht nur ich, sondern auch mein Gegenstück Spaß daran hat, unser individuelles Gefüge mit der dazu passenden Ausprägung eines Hinternvolls zu untermalen und zu festigen. Beim Ergründen dieses Machtgefälles in der Realität hab ich immer noch große Hemmungen, meine passive Neigung offen zuzugeben, aber die Angst vor Ablehnung ist hier etwas geringer, weil hierbei zumindest der Weg in seinen Grundzügen geebnet zu sein scheint.